Projektorganisation: Überblick, Vorteile und Nachteile: Linie - Matrix - Projektbasiert
Klare Rollen im Projekt, fruchtbare Stakeholder-Beziehungen sowie angemessenes Projektbudget - die Organisationsform beeinflusst Ihre Projektarbeit. Wenn Sie eine effiziente Projektorganisation etablieren wollen, müssen Sie die engen Verflechtungen zur Struktur Ihres Unternehmens berücksichtigen. Dieser Artikel zeigt Ihnen, worauf Sie dabei achten sollten.
Die drei wichtigsten Projektorganisationen für Ihren Projekterfolg
Die Entscheidung über die Organisationsform des Projekts ist von wesentlicher Bedeutung für den Erfolg eines Projekts. Gut strukturierte Darstellungen zu den gängigen Projektorganisationen listet der PMBOK® Guide vom Project Management Institut (PMI®) auf.
Aus meiner Sicht sind die drei markantesten Organisationsformen für Projekte:
- Linien-Projektorganisation
- Starke Matrix-Projektorganisation
- Reine Projektorganisation (projektbasierte Organisation)
Die Einflüsse von Organisationsstrukturen auf Projekte stehen dabei im Vordergrund. Abhängig von den Verhältnissen, in denen ein Projekt in die Unternehmensstrukturen eingebettet ist, ergeben sich Vor- und Nachteile für die Projektarbeit. Die nachfolgenden Organisations-Charts illustrieren, welche Befugnis und Verantwortung der Projektleiter in einem Unternehmen übernimmt.
Linien-Projektorganisation
Die Linienorganisation ist die klassische Organisationsform in Unternehmen. Grafisch gesehen, ähneln die vertikalen Äste nebeneinanderstehenden Silos. Sie stehen für heterogene Fachbereiche wie zum Beispiel Produktion, Marketing, Einkauf, Konstruktion und Finanzen.
In jeder Einheit arbeiten Mitarbeiter, die fachlich miteinander verbunden sind. Sie berichten direkt an den Leiter ihrer Organisationseinheit. Die Verantwortung für Projekte in einer Linienorganisation liegen in der Regel bei der initiierenden Abteilung.
Vorteile
- Klare Befehlskette: Jeder Mitarbeiter hat einen Vorgesetzten
- Schnelle Entscheidungen: wenn es das eigene Fachgebiet betrifft
Nachteile
- Gesamtverantwortung: Der zentrale, themenübergreifende Ansprechpartner fehlt, da jeder Mitarbeiter sein Spezialgebiet verantwortet
- Single-Point-of-Contact: Kunden haben keinen zentralen Ansprechpartner, wenn sie sich über den Status des Projektes informieren wollen
- Befugnisse: Konflikt zwischen Linienmanager und Projektverantwortliche wenn sich Zuständigkeiten überschneiden.
- Interessenkonflikt: wenn Liefergegenstände des Projektes den Interessen der Linienabteilung konterkarieren.
- Kommunikation: Der Informationsfluss leidet, da ein horizontaler Austausch zwischen den Mitarbeitern der Abteilungen nicht stattfindet.
Starke Matrix-Projektorganisation
Organisationsformen wie schwache Matrix, ausgewogene Matrix und starke Matrix haben sich in Unternehmen etabliert.
Aus der Sicht eines Projektleiters dämpft die starke Matrix Mängel einer klassischen Linienorganisation.
Die Projektmitarbeiter kommen aus verschiedenen Fach- oder Stabsabteilungen und nach Projektende kehren sie in ihre Stammabteilungen zurück.
Der Projektleiter kümmert sich um die Arbeitspakete wie Projektplanung, Koordination oder Überwachung. Möglicherweise ist er als Project Management Professional (PMP®) zertifiziert. Die fachliche Führung der Projektmitarbeiter obliegt dem Projektleiter, die disziplinarische Führung verbleibt in der Linie. Somit besitzt der Projektleiter hohe Verantwortung und agiert mit großem Gestaltungsspielraum.
Vorteile
- Ein Ansprechpartner: Der formal benannte Projektleiter übernimmt die inhaltliche Führung des Projektes und ist idealerweise als erster Ansprechpartner etabliert. Er kennt die Schnittstellen zu anderen Fachthemen und Organisationseinheiten und bedient diese
- Kommunikation: bereichsübergreifender Austausch von Teammitgliedern
- Projektmitarbeiter verbleiben in ihren Stammabteilungen
Nachteile
- Kampf um die Ressource: Die Matrix kann zu Spannungen zwischen Führungskräften und Projektleiter führen.
- Vernachlässigung: Hochpriorisierte Aufgaben in der Stammabteilung vernachlässigen die Projektarbeit.
- Mehraufwand: Projektmitarbeiter berichten an zwei Chefs.
Projektbasierte Organisation
Die projektbasierte Organisation (autonome Projektorganisation) bietet dem Projektleiter größten Gestaltungsspielraum, denn er und sein Projektteam agieren als eigenständige Einheit, die von den anderen Einheiten der Stammorganisation getrennt ist. Sie planen und verwalten ihre benötigten Ressourcen eigenständig.
Vorteile
- Transparenz: Einfache Kommunikationswege, da alle Kommunikationsstränge beim Projektleiter zusammenlaufen. Er konsolidiert und streut das Wissen an alle Betroffenen und Beteiligten.
- Motivation: Durch Verantwortung und Gestaltungsspielraum macht die Arbeit mehr Spaß.
Nachteile
- Abstimmungsbedarf: Linienmanager und Projektleiter müssen ihre Informationen regelmäßig austauschen.
- Redundanz: Die Gefahr doppelter Arbeit ist groß, insbesondere wenn sich Projekte inhaltlich überschneiden.
- Berufliche Heimat: Dem Projektmitarbeiter fehlt die Sicherheit, in seine herkömmliche Funktion in der Stammabteilung zurückzukehren.
Rollenmodell in Projekten
Grundsätzlich ist das Rollenmodel unabhängig von den organisatorischen Rahmenbedingungen. Es illustriert eine Struktur, die notwendig ist, um ein Projekt durchzuführen.
Ob jedoch alle Rollen mit Personen oder Gruppen besetzt werden und welchen Einfluss sie ausüben können, ist abhängig vom Projektziel, Projektumfang und der Bedeutung des Projektes und natürlich von den Verhältnissen, in die ein Projekt in die Unternehmensstrukturen eingebettet ist.
Zu den Projektbeteiligten zählen:
- Auftraggeber: Ist eine Führungskraft aus der Stammorganisation, ein Kunde oder der Eigentümer des Unternehmens. Er initiiert den Projektauftrag, skizziert erste grobe Anforderungen und entscheidet über Abbruch oder Fortführung der Projektarbeit.
- Auftragnehmer: In der Regel der Projektleiter, der das Projekt plant, steuert und den Projektfortschritt überwacht. Er ist verantwortlich für den Projekterfolg. In dieser Funktion pflegt er eine strategische Arbeitsweise und ist ausgestattet mit Methoden-, Fach- und Sozialkompetenz. In größeren Projekten agieren neben dem Projektleiter weitere Teilprojektleiter.
- Projektmitarbeiter: Der Projektleiter und die Projektmitarbeiter bilden das Projektteam. In der Regel sind die Mitarbeiter dem Projekt temporär zugeordnet. Normalerweise trägt der Projektleiter keine disziplinarische Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern.
- Lenkungsausschuss: Entscheidungsgremium in großen Projekten, welches sich aus Führungskräften der Stammorganisation zusammensetzt und Vertreter des Kundens. Idealerweise treffen sich die Mitglieder regelmäßig. Der Lenkungsausschuss agiert in allen Phasen des Projektes.
- Stakeholder: Im erweiterten Sinne zählen interne und externe Stakeholder zum Projekt: Kunden, Sponsor, Betriebsrat, Helpdesk, Einkauf, Lieferanten oder Behörden, um hier nur einige zu nennen.
Fünf Tipps für Ihre Projektarbeit
Eine gute oder schlechte Projektorganisation kann es pauschal nicht geben, sie muss zu den Umständen passen. Doch für den Projektleiter ist das Wissen um die Unternehmensstruktur hilfreich, um seine eigene Position verorten zu können.
Aus dieser Erkenntnis lassen sich einige Tipps für die praktische Arbeit ableiten:
- Identifizieren Sie die Rollen in Ihrem Projekt und besetzen Sie sie personell jedoch nur dann, wenn sie gebraucht werden.
- Lokalisieren Sie die Schnittstellen zwischen Linien- und Projektorganisation und vermeiden Sie „Niemandsland“.
- Unternehmen, die Produktinnovationen realisieren oder im Maschinen- und Anlagenbau investieren nutzen häufig die projektbasierte Organisationsform. Das bedeutet für Sie: Mehr Verantwortung und Gestaltungsspielraum, jedoch auch mehr Bedarf an Aus- und Weiterbildung - zum Beispiel zum zertifizierten Projektleiter.
- Wenn Sie in einer Matrixorganisation arbeiten, legen Sie Wert auf ein gutes Verhältnis zu den Führungskräften der Stammorganisation.
- Die klassische Linienorganisation ist oft in kleinen Unternehmen mit kleinen Projekten anzutreffen. Sorgen Sie für einen direkten Draht zur Unternehmensleitung und sichern Sie sich dadurch einen mächtigen Sponsor für Ihre Projektarbeit.
Video zu den Rollen und zu den wichtigsten Organisationsformen im Projekt
Prof. Dr. Martin G. Möhrle, Universität Bremen (Institut für Projektmanagement und Innovation)
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