Kayenta

Earned Value Management – einfach erklärt

Earned Value Management – einfach erklärt
Earned Value Management

Viele Projektmanager machen einen großen Bogen um die Earned-Value-Analyse (EVA), die auch als Earned Value Management bezeichnet wird.

Warum nur? Hilft sie doch, das Projekt zu überwachen und zu steuern.

Möglicherweise sind es die Kennzahlen und Formeln, die einen Praktiker abschrecken.

Fakt ist: Die Earned-Value-Analyse ist ein wichtiges Werkzeug, um den Fertigstellungswert eines Projektes zu ermitteln.

Sie dient als Frühwarnsystem für Termin- und Kostenabweichungen sowie zum Aufdecken von Risiken und zum Erstellen von Prognosen.

Dieser Beitrag skizziert das Earned Value Management mit einfachen Worten und gibt Ihnen eine Übersicht für die praktische Anwendung.

Earned Value Analyse – wie ist der Gesundheitszustand meines Projektes?

Es gibt Situationen, bei denen es sinnvoll ist, sich auf das Bauchgefühl zu verlassen. Denn sowohl Erfahrungen als auch Gefühle sind wertvolles Wissen, um in komplexen Situationen Entscheidungen zu treffen.

Doch die Frage „Bist Du mit deinem Projekt im Plan?“ kann nicht mit dem Beschreiben einer Gefühlslage beantwortet werden.

In diesen Situationen helfen nur Zahlen, Daten und Fakten, um seriöse Antworten zu liefern.

Die Earned-Value-Analyse unterstützt den Projektleiter mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, um über den Projektfortschritt zu berichten.

  • Grundgedanke des Earned Value Management ist, die fertiggestellte Arbeit zu bewerten. Dazu nutzt sie Bezugspunkte auf die ursprünglich geplanten und tatsächlichen Kosten.
  • Die Earned-Value-Analyse liefert eine Momentaufnahme zu einem vom Projektleiter ausgewählten Tag, um festzustellen, wo sich das Projekt hinsichtlich Zeit und Geld befindet.
  • Darüber hinaus lässt sich mit der Earned-Value-Analyse die zukünftige Entwicklung des Projektes prognostizieren.
  • Der Projektleiter nutzt die errechneten Kennzahlen, um gegenüber Auftraggeber und Stakeholder über den Projektfortschritt zu berichten.
  • Die Earned-Value-Analyse liefert keine Aussage zur Qualität der Arbeit.
  • Die EVA ist unabhängig vom Vorgehensmodell. Das heißt, ob traditionell, agil oder hybrid, die Methode leistet sicher ihre Dienste.
     

Earned Value Analyse – ein fiktives Beispiel

Um die Earned-Value-Analyse besser zu verstehen, ist es notwendig, das Wesen der Einzelkomponenten zu verstehen und die Zusammenhänge, aus denen sich die Kennzahlen zusammensetzen.

Dafür habe ich dieses praktische Beispiel konstruiert:

  • Projektleiter Paul Kümmerer erhielt den Auftrag, in einem mittelständischen Unternehmen 200 Arbeitsplatzsysteme (Desktoprechner und Laptops) auf das Betriebssystem Win 10 umzustellen und mit Office 365 zu bestücken. Für die Arbeiten erhielt er einen Monat Zeit. Das entspricht zwanzig Arbeitstagen. Der Kunde war bereit, für die Umstellung 10.000 Euro zu zahlen.
  • Zunächst musste Kümmerer einen Basisplan entwickeln. In der realen Welt hätte er den Arbeitsstrukturplan zurate gezogen, um den kompletten Arbeitsumfang zu ermitteln.
  • In diesem Beispiel beschloss Kümmerer, jeden Tag zehn Systeme umzustellen, um das Projekt termingerecht bis zum Monatsende abzuschließen. Für jeden Arbeitstag kalkulierte er vierhundert Euro Projektbudget. Nun war sein Projektplan fertig.
  • Nach dem Projektstart gelang es Kümmerer nicht, Tag für Tag seinen Plan einzuhalten. Im Laufe der Zeit ergaben sich Schwankungen. Die Istwerte wichen von den Planwerten ab. Doch Kümmerer war jederzeit in der Lage, auf die Frage „Was hat das Projekt erreicht?“ eine Antwort zu liefern. Immer war ihm bekannt, wie viel Wert sein Projekt zu einem Stichtag geschaffen hatte. Und ihm war bewusst, wann dieser Wert hätte geschaffen werden müssen. Mit diesen Informationen war er in der Lage, bei Abweichungen sein Projekt ins richtige Fahrwasser zu steuern.

Earned Value Analyse – Dimensionen und Kennzahlen

Mit der Earned-Value-Analyse berücksichtigte der Projektleiter zunächst drei Dimensionen:

  • Planned Value, PV (Planwert): der geplante Geldbetrag oder die geplante Leistung. Rechnerisch setzt sich der Planwert aus Planmenge und Plankosten zusammen -> PV = Planmenge x Plankosten.
  • Actual Cost, AC (Istwert): die tatsächlichen Kosten, die zu einem Stichtag für die geleistete Arbeit aufgewendet wurden. Rechnerisch setzt sich der Ist-Wert aus der Istmenge und Istkosten zusammen -> AC = Istmenge x Istkosten.
  • Earned Value, EV (Fertigstellungswert): Der Fertigstellungswert ist der Fertigstellungsgrad der geleisteten Arbeit. Oder: Der Fertigstellungswert ist eine Kennzahl, wie viel Wert die Projektarbeit zu einem Stichtag geschaffen hat. Rechnerisch setzt sich der Fertigstellungswert aus der Istmenge und den Plankosten zusammen -> EV = Istmenge x Plankosten.

Doch die drei Dimensionen Planwert, Istwert und Fertigstellungswert entfalteten erst dann ihre Wirkung, als sie in anderen Kombinationen zusammengestellt und berechnet wurden. Nun erhielt Kümmerer aussagekräftigere Kennzahlen.

Tabelle: Earned Value Analyse
  • Schedule Variance, SV (Zeitplanabweichung): Rechnerisch setzt sich die Zeitplanabweichung aus der Differenz zwischen Earned Value und Planned Value zusammen > SV = EV – PV. Mit der Schedule Variance konnte Kümmerer erkennen, ob er vor oder hinter dem Zeitplan lag. War der Wert größer Null, hatte er mehr Arbeit geschafft, als er ursprünglich plante. War die Zeitplanabweichung negativ, lief er zeitlich der Planung hinterher.
  • Cost Variance, CV (Kostenabweichung): Rechnerisch setzt sich die Kostenabweichung aus der Differenz zwischen Earned Value und Istkosten zusammen > CV = EV – AC. Als der Wert unter Null sank, arbeitete Kümmerer kostenungünstig. War der Wert Null, war er im Plan. Stieg die Kostenabweichung über null, arbeitete Kümmerer kostengünstig.
  • Schedule Performance Index, SPI (Terminentwicklungsindex): Rechnerisch setzt sich der SPI zusammen aus dem Verhältnis zwischen Fertigstellungswert und geplanten Kosten > SPI = EV / PV. War der Wert größer als 1, hatte der Projektleiter schneller gearbeitet als er plante. War der SPI kleiner als 1, verlief das Projekt langsamer als vorgesehen.
  • Cost Performance Index, CPI (Kostenentwicklungsindex): Der CPI spiegelt das Verhältnis zwischen Fertigstellungswert und tatsächlichen Kosten wider > CPI = EV / AC. War das Ergebnis größer als 1, hatte Kümmerer mit jedem Cent mehr geschaffen als er ursprünglich plante. War der Wert kleiner als 1, war seine Projektleistung schlecht. Der Wert gab an, ob Kümmerer kosteneffizient arbeitete oder nicht.

Bei den Kalkulationen wird deutlich, dass der Betrag von 10.000 Euro, den der Kunde bereit war für den Auftrag an Kümmerer zu zahlen, keine Rolle spielte.

Die Earned-Value-Analyse umfasst deutlich mehr als in diesem Beispiel skizziert. Mit ihr gelingt der Blick in die Zukunft, um den voraussichtlichen Endtermin und die Gesamtkosten zu prognostizieren.

Im<link Projektmanagement-glossar-lexikon/begriffserklaerung/pmbok-guide.html - - "PMBOK Guide"> PMBOK® Guide </link>findet der Leser Hinweise über die Earned-Value-Analyse, jedoch verweisen die Autoren auf weiterführende Literatur: Project Management Institute. 2011. Practice Standard for Earned Value Management.
 

Earned Value Analyse in der Praxis

  • Schade, dass die Earned-Value-Analyse so wenig im praktischen Projektgeschäft angewendet wird. Denn ihr Vorteil ist unbestritten. Sie liefert fundierte Zahlen auf die Fragen: Ist mein Projekt mit Zeit und Geld im Plan? Nutze ich meine Ressourcen sinnvoll?
  • Das Zahlenwerk hilft Ihnen, sich auf die wichtigsten Fragen in Ihrem Projekt zu fokussieren. Nutzen Sie die Ergebnisse der Earned-Value-Analyse, um die Kommunikation mit Ihren Stakeholdern zu verbessern.
  • Doch das blanke Zahlenwerk könnte ihre Zielgruppe abschrecken. Erklären Sie die Kennzahlen und interpretieren Sie die Ergebnisse. So helfen Sie Ihren Auftraggebern und Stakeholdern, die richtigen Schlüsse zu ziehen.
  • Für ein wirkungsvolles Earned Value Management benötigen Sie eine solide Datenbasis. Der Aufwand, diese zu erstellen, lohnt sich.
  • Denn haben Sie die Planwerte ermittelt und regelmäßig tatsächliche Werte zugefügt, können Sie die Berechnungen sehr schnell durchführen. Mit einer passenden Software benötigen Sie noch weniger Zeit für die Kalkulationen.

Video: Earned Value

Beispiel: Der "erarbeitete Wert" eines Projektes eignet sich hervorragend für die Projektsteuerung und -prognose. Hier erfahren Sie, wie Sie den Earned Value ermitteln können.

Quelle: PMBackstage

Über den Autor

Werner Plewa
Projektmanager

Experte für berufliche Weiterbildung und Personalentwicklung. Kontaktanfrage gerne auch bei LinkedIn:


Weitere Artikel

Projektplan erstellen: mehr Übersicht im Projekt

Der traditionelle Projektleiter liebt langfristige Pläne, der agile plant seine Projektarbeit in kürzeren Intervallen. Unabhängig vom Vorgehensmodell – ohne Projektplan geht es nicht. Er zeigt den Weg zum Projektziel. Mit ihm legt der traditionelle Projektleiter den Grundstein, um sein Projekt steuern und überwachen zu können. Der Projektplan ist mehr als eine pure Timeline. Welche die wichtigsten Komponenten des Projektplanes sind und wie Sie diesen Plan für Ihr Projekt erstellen können, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Projektstrukturplan (PSP) - Nutzen und Vorteile für Ihre Projektarbeit

Mit dem Bauplan errichtet der Architekt Wohnungen, Häuser oder Städte. Der Ingenieur entwirft mit einem Konstruktionsplan Fertigungsstraßen und Lagerhallen.

Und der Projektleiter nutzt den Projektstrukturplan (PSP) als Werkzeug für sein Handwerk. Verwenden Sie den Plan der Pläne für Ihre Projektarbeit?

In diesem Beitrag erfahren Sie den Nutzen und Vorteile des PSP.

Risikomanagement - Maßnahmen richtig planen und erfolgreich umsetzen

Gastartikel von Roland Wanner

Sie sind Risiken nicht wehrlos ausgeliefert! Nachdem Sie die Risiken bei Ihrem Projekt identifiziert und analysiert haben, können Sie den nächsten Schritt angehen. Mit geeigneten Maßnahmen reduzieren oder vermeiden Sie Risiken oder sind bereit, wenn Risiken im Begriff sind einzutreten.

Die Maßnahmenplanung und deren zeitgerechte Umsetzung ist Ihre Versicherung, dass Sie von Risiken nicht überrascht werden. So wird Ihr Projektleben ein wenig ruhiger.

Planning Poker - Anleitung und Regeln zur Aufwandschätzung in agilen Projekten

Planning Poker ist ein agiles Schätzverfahren, bei dem die Mitglieder des Teams die zu entwickelnden Features gemeinsam schätzen. Das Team taxiert in spielerischer Form mit Hilfe von speziellen Spielkarten Aufwände für Tasks, Epics und User Stories für den anstehenden Sprint.

In diesem Beitrag erklären wir Ihnen die Spielregeln und geben Ihnen praktische Tipps sowie Empfehlungen zum Einsatz von Planning Poker in der Praxis an die Hand.

Kayenta Logo
KAYENTA® Training und Beratung
Abendrothsweg 73
20251 Hamburg
Telefon.: +49 40 370 80 155
E-Mail: kontakt@kayenta.de
KAYENTA Training Projektmanagement hat 4,69 von 5 Sternen 1966 Bewertungen auf ProvenExpert.com
© 2024 KAYENTA® Training und Beratung | Impressum | Datenschutz | AGB | Telefon.: +49 40 370 80 155