Kommen Ihnen diese Sätze aus dem Projektalltag bekannt vor?
„Lasst uns arbeiten und die kostbare Zeit nicht mit Spekulationen verschwenden.“
„Hätte ich das früher gewusst!“
„Und nun?“
Weil ein Projekt einmalig, einzigartig und etwas Besonderes ist, agiert der Projektleiter in einer Welt, in der sich Routinen, Chancen, Ungewissheiten und Bedrohungen tummeln.
Sein Arbeitsalltag verläuft sowohl auf bekannten Straßen, die exakt beschildert sind, doch viel öfter betritt er mit seinem Projekt unbekanntes Terrain. Er verfolgt das Ziel, durch eine detaillierte Reiseplanung sein Projekt berechenbarer zu machen.
Doch alles kann er nicht kalkulieren. Es bleibt immer das Ungewisse, das Unbekannte, welches sich im Projektmanagement als Chance oder Risiko zeigt.
Dieser Beitrag fokussiert sich auf die Risiken. Wenn man eine Liste erstellen würde, die alle möglichen Projektrisiken umfasst, würde diese sehr viele Punkte beinhalten.
Der professionelle Projektleiter ist gut beraten, bereits zum Projektstart ein geeignetes Risikomanagement als separates Arbeitspaket einzuplanen. Falls er Risiken nicht wahrnehmen oder diese verdrängen sollte, ist ihm der Misserfolg sicher. Dann werden sie früher oder später ihre zerstörerische Kraft entfalten. Der „Guide to the Project Management Body of Knowledge“ vom Project Management Institute beschreibt das Risikomanagement im Wissensgebiet 11 in sieben Projektmanagementprozessen. Im folgenden Beitrag werde ich diese grob nachzeichnen.
In der Projektarbeit erscheinen Risiken in unterschiedlicher Gestalt. Manchmal sind Projektziele unscharf formuliert, manchmal ist der Projektauftrag nur schemenhaft skizziert.
Oft sind Schätzungen zu Budget- und Zeitbedarf fehlerhaft. Ein unvollständiger Projektplan oder ungehobeltes Stakeholder Management sind nicht ungewöhnlich. Doch nur wenn der Projektleiter die Gefahren kennt und ihnen die Strahlkraft nimmt, führt er sein Projekt zum Erfolg. Dazu braucht er einen Plan. Der Projektleiter befragt Experten und Stakeholder, analysiert historische Daten und tauscht sich mit Teammitgliedern, Auftraggebern und Sponsoren aus. Mit diesen ersten Schritten plant er seine Reise zu einem angemessenen Risikomanagement.
Um Gefahren begegnen zu können, muss er sie kennen. Doch wie kann der Projektleiter Bedrohungen aufdecken? Der erste Schritt könnte die kritische Untersuchung des Projektauftrages sein, eines der wichtigsten Dokumente im Projektmanagement.
Der Projektleiter sollte das Projektumfeld nach Risiken und Ungewissheiten (unbekannte Risiken) durchforsten.
Auch Lessons Learned-Unterlagen abgeschlossener Projekte liefern wertvolle Informationen.
Oder ein Brainstorming mit den Teammitgliedern, um Antworten auf die Frage zu finden: „Was müsste passieren, um unser Projekt zum Absturz zu bringen?“, fördert kreative Vorschläge.
Einige von ihnen können reale Bedrohungen darstellen. Besonders die Komponenten des Magischen Dreiecks des Projektmanagements sind betroffen.
Dazu zählen: die Fläche des Dreiecks (Projektinhalte) sowie die Kanten (Zeit, Geld und Qualität). Aber auch in der Kommunikation, der Kundenzufriedenheit oder dem Stakeholder-Management lauern Bedrohungen.
Weitere Techniken wie Expertenurteil, Analyse historischer Daten, Checklisten oder Mindmapping lokalisieren Risiken. Es ist sinnvoll, bereits zum Projektstart Risiken zu identifizieren. Jedoch ist Risikomanagement ein iterativer Prozess, das heißt, die Lokalisierung muss immer wieder durchgeführt werden, da sich während des gesamten Lebenszyklus neue Situationen ergeben können.
Sobald klar ist, welche Risiken das Projekt bedrohen, muss der Projektleiter Antworten auf diese Fragen finden:
Aus diesen beiden Komponenten errechnet der Projektleiter einen Risikowert.
Das Ergebnis sortiert er in qualitativen Stufen von „gering“ bis „sehr hoch“. In regelmäßigen Intervallen wiederholt er seine Untersuchungen. Damit stellt er die stets aktuelle Bewertung des Projektrisikos sicher.
In großen und komplexen Projekten ist es schwierig, wenn nicht unmöglich, ein vollständiges Bild aller Risiken zu zeichnen.
Doch helfen mathematische Modelle wie die Monte-Carlo-Analyse, die Sensitivitätsanalyse oder die Entscheidungsbaumanalyse, die Übersicht zu behalten.
Die Modelle wählen per Zufallsgenerator Tausende „Wenn-dann-Szenarien“ aus und kalkulieren Ursachen und Wirkungen. Der Rechenaufwand ist gewaltig, sodass spezielle Softwareprogramme bei der Analyse unterstützen.
In einem früheren Beitrag hatte Gastautor Roland Wanner, Senior Program Office Manager in einem großen Versicherungskonzern, verschiedene Risikobewältigungsstrategien ausführlich beschrieben.
Dazu gehören: eskalieren, vermeiden, übertragen, mindern und akzeptieren.
Der Risikoverantwortliche, den der Projektleiter benennt, plant Optionen mit Augenmaß. Gemeinsam mit Projektleiter und Team wählt er die passende Option aus, kümmert sich um ihre Umsetzung und beobachtet ihren Verlauf.
An mehreren Stellen in diesem Beitrag wurde darauf hingewiesen, Risiken angemessen zu managen und Bewältigungsstrategien mit Augenmaß zu entwickeln.
Hilfreich ist es deshalb, sich von den Fragen leiten zu lassen, welche Maßnahmen die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos senken sowie dessen Schadenspotenzial reduzieren. Die Antworten helfen, eine angemessene Vorgehensweise festzulegen.
Der Projektleiter darf an dieser Stelle nicht rasten. Falsch wäre es, sich auf die einmal initiierten Risikobewältigungsmaßnahmen zu verlassen. Maßnahmen müssen weiterhin aktiv beobachtet und geprüft werden, ob sie erfolgreich waren. Um die Übersicht zu behalten, nutzt der Projektleiter die Risikoliste.
Projektrisiken im Griff!
Projekte scheitern an Risiken, die zu spät entdeckt, ignoriert oder einfach nicht gesucht werden. Diese Aussage scheint auf den ersten Blick banal, ist jedoch für viele Projektbeteiligte gar nicht so offensichtlich.
Mit einem wirkungsvollen Risikomanagement behalten Sie Ihr Projekt im Griff und eliminieren 90% aller Projektprobleme bevor sie eintreten.