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Künstliche Intelligenz im Projektmanagement: Nur heisse Luft oder die Zeitenwende für die Projektarbeit?

Künstliche Intelligenz im Projektmanagement: Nur heisse Luft oder die Zeitenwende für die Projektarbeit?
KI im Projektmanagement

Ein Gastartikel von Marcus Glowasz

Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren Einzug in viele Bereiche unseres Lebens gehalten und verändert auch die Art und Weise, wie wir Projektmanagement betreiben. Der Einsatz von KI-Technologien im Projektmanagement hat das Potenzial, Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten und Entscheidungsprozesse zu verbessern.

Allerdings birgt die Verwendung von KI auch verhaltensbedingte Herausforderungen, die berücksichtigt werden müssen.

Inhalt

Nicht zuletzt aufgrund ChatGPT hat der Hype um künstliche Intelligenz stark zugenommen und schließlich auch das Fach des Projektmanagements erreicht. Das ist nicht überraschend, da die Fähigkeiten von KI unbestritten sind. Der erste Absatz dieses Artikels dient der Veranschaulichung, inwieweit KI bereits fortgeschritten ist, da dieser von ChatGPT erzeugt und unbearbeitet übernommen wurde.

Natürlich weckt dies Begehrlichkeiten im Fach des Projektmanagements, nicht zuletzt wegen anhaltend enttäuschender Projektresultate. Grandiose Schreckensszenarien wie z. B. der Bau des Berlin-Brandenburg-Flughafens (BER) mit sage und schreibe 9 Jahre verspäteter Lieferung sind schon lange keine Einzelfälle mehr, nur ist nicht jeder Projektmisserfolg von so prominentem Interesse.

In gewisser Weise könnte man schon fast sagen, dass solche extremen Misserfolge ein wenig beruhigend für den Durchschnitts-Projektleiter sind, nach dem Motto „die anderen sind ja auch nicht besser“. Oftmals werden verfehlte Projektziele hinsichtlich Budget- und Zeitplanung auch gerne so dargestellt, dass es ja in erster Linie um den Mehrwert für den Projektkunden geht und man entsprechend auch eher flexibel und kulant sein muss hinsichtlich des finanziellen und zeitlichen Rahmens.

Das mag richtig sein, klingt aber trotzdem mehr nach Ausrede und Schönmalerei als ein ernsthafter Lösungsansatz, das Fach des Projektmanagements als zuverlässigen Motor für Wertschöpfung und organisatorisches Wachstum zu positionieren. Fakt ist, dass viele Entscheidungen in Projekten aufgrund ungenügender Informationen entweder herausgezögert oder gleich vermieden werden. In einer Zeit, die von Schnelligkeit, zunehmender Komplexität, und ständig schwankender Gegebenheiten geprägt ist, führt dies oft zu Projektmisserfolgen und entsprechend hohen Kosten für Unternehmen.

Es gilt also, bessere Entscheidungen treffen zu können, sei es hinsichtlich der Projektlaufzeit, die voraussichtlichen Kosten, Projektrisiken, Ressourcen, usw., oder auch ob es überhaupt sinnvoll ist, ein Projekt zu starten oder ein laufendes Projekt fortzuführen.

Es ist bekannt, dass KI zur qualitativ besseren Entscheidungsfindung beitragen kann, indem relevante Daten logisch ausgewertet werden, und somit faktenbasierte Entscheidungen getroffen werden können. Somit ist das Projektmanagement natürlich ein idealer Kandidat, um sich eine Art Projektmanagement-ChatGPT zuzulegen, um Projekte besser planen zu können und Projektleiter/innen vor Fehlentscheidungen zu schützen.

KI kann z.B. Daten von vergangenen Projekten auswerten, findet sich wiederholende Muster, vergleichbare Arbeitspakete, usw., um daraus Schlüsse zu ziehen, um dem/der Projektleiter/in z.B. eine komplette Arbeitspaket- und Zeitplanung vorzulegen. Projektrisiken werden aufgrund Erfahrungen von vergangenen Projekten direkt berücksichtigt, inkl. entsprechende Maßnahmen zwecks Risikominimierung. Und KI kann Ansätze liefern, wie z.B. die Performance des Projekts erhöht werden kann.

Dies klingt alles eigentlich schon zu gut, um wahr zu sein. Ist KI eine realistische Lösung für unsere Projektmanagement-Probleme, oder wieder irgendein Hokuspokus, der im besten Fall erst in 10 Jahren oder mehr zum Tragen kommt?

Wenn man sich umsieht, dann liegt die Antwort eigentlich klar auf der Hand. In einer Zeit von Gesichtserkennungssoftware, Kundenservice-Chatbots, digitale Assistenten wie Siri, Smart Home-Assistenten, intelligenten Google-Suchen, und nicht zuletzt ChatGPT, kann man sagen, dass die Technologie bereits so ausgereift ist, dass diese im Projektmanagement relativ einfach und mehr oder weniger sofort zum Einsatz kommen könnte bzw. teilweise bereits pilotiert wird. Es ist keine Zukunftsvision, sondern bereits existent.

KI ist Realität, auch für das Projektmanagement.

Wo liegt also die Hürde bzw. warum arbeiten wir noch nicht mit KI im Projektmanagement?

Viele antworten darauf, dass es noch an Daten fehlt, um KI für die Projektarbeit effektiv nutzen zu können. Dies müsste allerdings für Verwunderung sorgen, denn in Projekten werden doch täglich unzählige Daten erzeugt. Projektpläne, Risikoregister, Stakeholder-Maps, Gantt-Charts, Auswertungen von agilen Sprints, Lessons Learned, usw., sind übliche Artefakte und Daten, die auch die Basis für Projekt-Bewertungen, Projektberichte, und Projektentscheidungen bilden.

Was neben der Existenz von auszuwertenden Daten aber ebenso wichtig ist, ist die Qualität der Projektdaten. Und hier geht es in erster Linie um deren Inhalte. Wir erwarten qualitativ hochwertige Erkenntnisse von dem neuen Mitarbeiter namens KI. Aber dieser benötigt qualitativ hochwertigen Input, um auch entsprechend hochwertiger Ergebnisse liefern zu können - das Prinzip “Garbage in, garbage out” ist hierbei sehr relevant.

Und hier liegt die größte Hürde: die Anpassung üblicher Verhaltensweisen und Gewohnheiten von Projektmitarbeitern, um eine notwendige Datenkultur zu kreieren, die den Einsatz von datengetriebenem Projektmanagement mithilfe von KI ermöglicht.

Beispielsweise ist ein Hindernis, dass Projektdaten generell nicht gerne zur Verfügung gestellt werden, denn Projekte laufen generell nicht nach Plan und durchlaufen oftmals turbulente Zeiten. Obwohl dies eher der Normalfall ist, hat dies natürlich etwas Negatives und wird dann oft mit der Inkompetenz des Projektleiters bzw. der Projektleiterin assoziiert. Das Ego des/der Projektleiter/in spielt dann natürlich auch eine Rolle und niemand möchte das Risiko eingehen, dass bestimmte Projektvorgehensweisen u.U. infrage gestellt werden und sich dies dann negativ auf das eigene Ansehen in der Organisation auswirken könnte.

Entsprechend bleiben übliche und weitverbreitete Vorgehensweisen, wie evtl. Notlösungen bzw. Workarounds, Austausch von Gefälligkeiten zwischen Kollegen (z.B. um das Projekt schneller voranzutreiben), sowie eigene kleinere Fehler, in Projektdokumentationen verständlicherweise unerwähnt, obwohl dies effektiv die Realität in Projekten darstellt.

Wenn KI von menschlichen Verhaltensweisen und -vorgängen lernen soll, um die Projektarbeit zu verbessern, ist es wichtig, ein realistisches und ungeschöntes Bild in Form von Daten zur Verfügung zu stellen. Dies beinhaltet auch umfangreiche Informationen über Projektmisserfolge. Nur dann wird KI wirklich wertvolle Erkenntnisse liefern können, um die Projektarbeit nicht nur schneller, aber auch qualitativ hochwertiger und wertvoller zu machen.

Entsprechend benötigt es ein Umdenken von Projektmitarbeitern hinsichtlich Transparenz, Authentizität und Verantwortlichkeit. Dies sollte im eigenen Interesse sein, denn Projektmitarbeiter sind nicht nur Datenproduzenten, sondern auch Datenkonsumenten und somit diejenigen, die von einer höheren Effektivität von KI profitieren würden. Projektleiter/innen werden die Möglichkeit haben, sich dem technischen Projektmanagement-Handwerk wie z.B. langwieriger Planerstellung, aufwendiger Projektberichte, usw. zu entledigen und sich mehr der strategischen Ausrichtung und der Führung von Projektteams zu widmen.

Insofern stellt der Einsatz von KI im Projektmanagement in der Tat eine Art Zeitenwende dar, da es die Rolle des Projektleiters neu definiert, während das Fach des Projektmanagements durch eine erweiterte Projektintelligenz in der Organisation neu positioniert wird.

Ein Umdenken und eine neue Projekt- und Organisationskultur hin zu mehr Transparenz, Offenheit, und Mut zu Neuem ist essenziell, auch um der heutigen schnelllebigen und von ständig wechselnder Informationen geprägten Zeit gerecht zu werden.

Fachbuch

Das Buch „Leading Projects with Data“ vom Autor Marcus Glowasz nimmt sich dem Thema Data Analytics im Projektmanagement an, vorwiegend wie wichtige kulturelle Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung des datengetriebenen Projektmanagements geschaffen werden können.

(Dezember 2022, 342 Seiten)

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