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Projektmanagement - So identifizieren Sie Risiken für Ihr Projekt

Projektmanagement - So identifizieren Sie Risiken für Ihr Projekt
Risiken im Projekt identifizieren

Der US-amerikanische Autor Jeffery Deaver schrieb in einem seiner Romane: „Der Hai, den man nicht sieht, ist immer gefährlicher als der, den man entdeckt hat.“

Im Projektmanagement ist es ähnlich. Was Sie nicht wissen, können Sie nicht bearbeiten.

Doch Risiken und Ungewissheit gibt es in jedem Projekt. Nur wenn Sie sich Klarheit verschaffen, sprich Risiken identifizieren, können Sie deren negative Auswirkungen vermeiden.

Chancen und Risiken

Eine ganze Reihe Gefahren lauerten, als der Österreicher Felix Baumgartner am 14. Oktober 2012 in Roswell (USA) aus fast vierzig Kilometern Höhe aus der Kapsel eines Heliumballons sprang: Abbruch des Projektes wegen schlechten Wetters, unkontrollierte Rotation und Bewusstseinsverlust bis hin zum Tod durch Erfrierungen. Es herrschten Temperaturen bis minus siebzig Grad. Die Risikoliste ließe sich fortsetzen.

Baumgartners Sprung aus der Stratosphäre war lebensgefährlich. Und was unternahm er, um sich zu schützen? Er bereitete sich jahrelang auf den Sprung vor, absolvierte unzählige Fallschirmsprünge aus großer Höhe, um Erfahrungen zu sammeln. Er trainierte seine persönliche und mentale Fitness und wählte das beste Equipment für das gefährliche Projekt: einen Helm mit beheizbarem Sonnenvisier, einen Druckanzug sowie drei Fallschirme.

Er überließ nichts dem Zufall. Trotz aller Gefahren sah Baumgartner eine realistische Chance, vier Weltrekorde gleichzeitig aufzustellen. Er wollte die Schallmauer durchbrechen, mit dem Ballon am höchsten steigen, im freien Fall am längsten fallen und von der höchsten Position abspringen.

Doch alle Risiken konnte er nicht kalkulieren, um deren Eintreten zu vermeiden. Diese musste er akzeptieren und darauf vertrauen, dass sein Projekt ein Erfolg werden würde. Der Sprung gelang. Baumgartner landete gesund und glücklich auf der Erde.

Gewissheit, Risiko und Ungewissheit

Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer verweist in seinem Buch „Risiko – Wie man die richtigen Entscheidungen trifft“ auf den Umgang mit Unvorhersehbarem, welches er in Gewissheit, Risiko und Ungewissheit unterteilt.

Die drei Begriffe sind schwer voneinander abzugrenzen. Doch die Typologisierung hilft, sie handlicher zu gestalten.

Gewissheit: Es herrscht eine absolute Gewissheit über zu erwartende Ereignisse, die jeden Zweifel ausschließt. Die Gefahren sind bekannt und weitgehend vorhersehbar.

Risiko: Etwas kann eintreten, mit einer niedrigen, hohen oder auch unbekannten Eintrittswahrscheinlichkeit. Der eintretende Schaden (für Chancen: Erfolg) kann kalkulierbar oder unkalkulierbar sein.

Ungewissheit: In einer ungewissen Welt, die im Vergleich zum Risiko riesig ist, lässt sich nicht alles planen. Für die unbekannten Unbekannten lassen sich keine Eintrittswahrscheinlichkeiten berechnen. Hier führen oft einfache Faustregeln zu besseren Ergebnissen als umfangreiche Kalkulationen.

Risiken identifizieren

Im Guide to the Project Management Body of Knowledge vom Project Management Institute ist das Risikomanagement im Wissensgebiet 11 zusammengefasst.

Das Thema Risikomanagement habe ich in einem vorhergehenden Beitrag beschrieben.

Der zweite Prozess im Wissensgebiet Risikomanagement heißt „Risiken identifizieren“. Er legt den Schwerpunkt auf „das Ermitteln einzelner Projektrisiken sowie der Quellen des Gesamtprojektrisikos und der Dokumentation von deren Eigenschaften“.

Der interessierte Leser findet hier Hinweise auf Methoden und Werkzeuge, die ihn beim Aufspüren von Risiken unterstützen.

Methoden und Werkzeuge zur Risiko-Identifikation

  • Workshops: Wenn unterschiedliche Experten wie Controller, Designer oder Architekten mit ihrem Wissen aus unterschiedlichen Fachgebieten diskutieren, steigen die Chancen, Projektrisiken aufzuspüren. Dieses Zusammenarbeiten in einer heterogenen Gruppe ist für mich erste Wahl, Projektrisiken auszumachen. Insbesondere das Brainstorming, der Klassiker unter den Kreativitätstechniken, gibt dem kreativen Denkprozess Struktur. Mit dessen Hilfe kann eine große Anzahl Risiken und Chancen gefunden und bewertet werden.
  • Expertenbefragungen und Fachurteil: Der Projektleiter kann in persönlichen Gesprächen mit Stakeholdern und Know-how-Trägern im Vorfeld großflächig identifizierte Handlungsfelder vertiefend nachfragen oder diese gemeinsam mit ihm entwickeln. Dabei sollte er inhaltlich gut vorbereitet sein und das Interview in einem angenehmen und unbeschwerten Umfeld durchführen.
  • Checklisten: Sie liefern eine übersichtliche und kompakte Struktur zu einem Problemfeld. Dem Projektleiter kann sie als Gedächtnisstütze dienen, sodass er in der Hektik des Tagesgeschäftes und ohne groß nachzudenken auf wertvolles Wissen zugreifen kann. Auch in vom Projektziel her ähnlich ausgerichteten Projekten kann die Checkliste verwendet und mit Inhalten oder Erfahrungen ergänzt werden.
  • SWOT-Analyse: Sie wird idealerweise zu Beginn der Risikoplanung verwendet, um strategische Informationen zu sammeln. Doch auch in den anderen Projektphasen liefert sie wertvolle Erkenntnisse. Die SWOT-Analyse betrachtet das Projekt aus den Perspektiven Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats).
  • Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (Failure Mode and Effects Analysis, FMEA): Sie beantwortet die Frage, welche Ursachen zu einem Problem führen können. Durch systematische Untersuchungen werden Fehler in Prozessqualität, Produktqualität, in der Wahl des Vorgehensmodells im Projektmanagement sowie in anderen Umweltfaktoren frühzeitig entdeckt. Diese Erkenntnisse bieten dem Projektleiter Möglichkeiten, vorbeugend Gegenmaßnahmen zu entwickeln, um Fehler zu vermeiden.
  • Delphi-Methode: Die Delphi-Methode verdankt ihren Namen dem berühmten Orakel Griechenlands. Es ist ein iteratives Verfahren der Expertenbefragung, um zeitliche und inhaltliche Aufschlüsse über zukünftige Entwicklungen zu erlangen. Eine Gruppe von Experten wird mittels eines formalen Umfragebogens anonym nach ihrer Meinung zu einem bestimmten Problem befragt. Aus diesen Meinungen wird statistisch eine Gruppenantwort gegeben. Diese Gruppenantwort, übermittelt mit Begründungen und Argumenten, bekommen die Gruppenteilnehmer wieder zugeschickt; sie werden dann erneut um eine Meinung gebeten, wobei die Gruppenantwort der Ausgangspunkt der Sitzung ist. Die Sitzung führt man so lange durch, bis sich eine gegenseitige Annäherung der Meinungen abzeichnet.
  • Datenanalyse: Ziel ist es, aus erhobenen Daten Informationen zu gewinnen. Ergiebige Datenquellen können sein: Kennzahlen aus Geschäftsprozessen, Daten aus dem Verfahrensmodell des Projektes, betriebswirtschaftliche Kennzahlen oder Statusreports an die Unternehmensleitung.

"Die gewonnenen Ergebnisse dokumentiert der Projektleiter im Risikoregister sowie im Risikobericht."

Sieben Tipps für Projektleiter

1. Identifizieren Sie Risiken, wenn Sie negative Auswirkungen auf Ihr Projekt vermeiden wollen. Machen Sie aufkommende Gefahren sichtbar und legen Sie das Fundament für ein professionelles Risikomanagement. Nutzen Sie die Informationen im weiteren Projektverlauf, um Risiken zu analysieren, Vermeidungsstrategien zu entwickeln und deren Umsetzung zu kontrollieren.

2. Das Erkennen von Risiken ist ein iterativer Prozess. Identifizieren Sie Risiken und dokumentieren Sie Ihre Erkenntnisse in einem Risikoregister. Überarbeiten Sie dieses in regelmäßigen Abständen jedoch spätestens dann, wenn sich grundlegende Einflussgrößen auf das Projektumfeld geändert haben.

3. Sorgen Sie dafür, dass allen Projektmitarbeitern das Risikoregister zugänglich ist.

4. Ihnen steht eine Vielzahl von Methoden und Techniken zur Verfügung, um Risiken zu identifizieren. Wählen Sie die Technik aus, die am besten zu Ihren Bedürfnissen passt.

5. Machen Sie das Risikomanagement zur Chefsache oder delegieren Sie dieses an einen Projektmitarbeiter.

6. Ungewissheiten gehören zum Projektgeschäft. Diesen begegnen Sie am besten mit Faustregeln, mit Bauchgefühl oder Heuristiken, das heißt, mit der Kunst, mit begrenztem Wissen und wenig Zeit zu praktikablen Lösungsansätzen zu kommen.

7. Eignen Sie sich theoretisches Rüstzeug und Erfahrungen beim Managen von Projektrisiken an und bauen Sie diese aus.

Unser Seminar-Tipp

Gern unterstützen wir Sie zum Thema Risikomanagement mit unserem

Seminar "Erfolgreiches Risikomanagement in Projekten".

Über den Autor

Werner Plewa
Projektmanager

Experte für berufliche Weiterbildung und Personalentwicklung. Kontaktanfrage gerne auch bei LinkedIn:


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