Planning Poker ist ein agiles Schätzverfahren, bei dem die Mitglieder des Teams die zu entwickelnden Features gemeinsam schätzen. Das Team taxiert in spielerischer Form mit Hilfe von speziellen Spielkarten Aufwände für Tasks, Epics und User Stories für den anstehenden Sprint.
In diesem Beitrag erklären wir Ihnen die Spielregeln und geben Ihnen praktische Tipps sowie Empfehlungen zum Einsatz von Planning Poker in der Praxis an die Hand.
Planning Poker® - spielend Aufwände schätzen
Schätzen Sie mal!
Aus meiner Erfahrung als Trainer weiß ich: Viele haben großen Respekt vor dem Schätzen von realistischen Aufwänden in Projekten. Sie fühlen sich unwohl, mit Hilfe einer „Glaskugel“ eine Prognose zu wagen. Lieber bestücken sie ihre Schätzung mit großzügigen Puffern. „Sicher ist sicher“, argumentieren sie. „So mache ich nichts falsch.“
Dieses Überdimensionieren von Ressourcen kostet Zeit und Geld. Und weitere Gefahren lauern:
Je früher der Zeitpunkt im Projekt, desto schwieriger ist es, Aufwände zu schätzen.
Je komplexer der Betrachtungsgegenstand, desto unschärfer die Bewertung.
Laien und fachlich unbedarfte Stakeholder verfälschen die Schätzung.
Restriktionen von außen diktiert, verhindern realistische Bewertungen.
Akteure in agilen Projekten stehen vor der Herausforderung, Aufwände realistisch schätzen zu müssen, weil das Große und Ganze in weiter Ferne liegt.
Planning Poker®: Basisgröße und Zahlensystem
Planning Poker ist eine agile, spielerisch motivierende Methode zur Aufwandsschätzung von Tasks, Epics und User Stories - den Elementen im Backlog. Die Methode wird oft auch als Scrum Poker bezeichnet, da sie oft in Scrum verwendet wird.
Planning Poker® ist eine Schätzmethode für agile Arbeitsteams.
Story Points wiederspiegeln das Ergebnis der Schätzung und illustrieren, ob ein Aufwand sehr klein, mittel oder riesig sein könnte.
Es gibt Unternehmen die statt Story Points die Größenangaben von T-Shirts wie XS, bis XXL verwenden, um ein Gefühl für den Aufwand anzuzeigen.
Der Story Point ist mehr Metrik - weniger Maß für Zeit oder Geld, die zum Vervollständigen eines Features benötigt wird. Oft liegen für die zu entwickelnde Funktion nicht ausreichende Informationen vor. Deshalb behandelt man den Aufwand als relative Größe.
Als Basis dient eine Referenz User Story, die die Teilnehmer gemeinsam auswählen und mit einem Story Point Aufwand bewerten.
Die Projekt-Teammitglieder pokern mit Spielkarten. Doch die Beteiligten spielen miteinander nicht gegeneinander, um ihren Gewinn zu maximieren.
Das Spiel erzeugt positive Nebenwirkungen, denn es schweißt die Einzelkämpfer am Tisch zu einer schlagkräftigen Truppe zusammen.
Durch das unterschiedliche Knowhow der Teilnehmer können fehlerhafte Bewertungen nivelliert werden, da die Erfahrungen aller Beteiligten in das Endergebnis einfließen.
Planning Poker® Kartenset: die Spielkarten
Ein Kartenset besteht aus vier Mal dreizehn Karten. 11 Karten sind bedruckt mit farbigen Zahlenwerten und zwei mit Sonderzeichen (Kaffeetasse und Fragezeichen).
Die Zahlenwerte spiegeln den geschätzten Aufwand wieder und können dabei für Zeitdauern oder auch für die Komplexität einer Aufgabe stehen. Entscheidend ist, ein Gefühl zu bekommen, ob die User Story im Sprint realisiert werden kann oder nicht:
0: Aufgabe ist bereits erledigt 0,5: kaum Aufwand 1, 2, …: kleinere Aufgaben 13, 20, …: mittlere Aufgaben 100: große Aufgaben ? : unsicher oder keine Ahnung Kaffeetasse: Ich brauche eine Pause
Neben den Karten aus Karton stehen auch digitale Spielkarten in Apps für iOS, Android oder Windows zur Verfügung.
Die Zahlenfolge auf den Planning-Poker Karten scheint auf den ersten Blick unregelmäßig. Grund dafür ist die Fibonacci-Folge. Jede Zahl dieser mathematischen Sequenz setzt sich aus der Summe ihrer beiden Vorgänger zusammen. Die Folge zeigt sich in einer Art Wachstumsmuster, wie es in der Natur vorkommt - das schreibt Ruben Stelzner in seinem Buch „Der goldene Schnitt“.
Beim Planning Poker finden die Akteure Antworten auf die Frage: „Wie groß ist das Backlog Item im Vergleich zum Bezugspunkt?“. Der Bezugspunkt ist in der Regel eine einfach zu überschauende Aufgabe, die vom Team mit der Einheit 1 bewertet wurde.
Planning Poker®: Ablauf und Spielregeln
In der Praxis haben sich die folgenden Spielregeln etabliert. Es sollte eine Uhr (Timebox) zur Verfügung stehen, um die Diskussionen im Zeitrahmen zu halten.
Jeder Mitspieler erhält ein Set von dreizehn Karten, die er verdeckt in der Hand hält
Der Scrum Master liest den Inhalt des Backlog Items vor. Falls notwendig, tauschen sich die Spieler über den Inhalt aus, um Missverständnisse zu vermeiden. Bleiben offene Fragen zurück, konsultieren sie den Product Owner. Er beschreibt, wie er sich den Liefergegenstand vorstellt.
Der Scrum Master fordert alle Teilnehmer bzw. Spieler auf, das ausgewählte Backlog Item zu schätzen bzw. zu bewerten. Dazu wählen sie eine Planning Poker® Karte aus Ihrem Kartendeck und legen sie verdeckt vor sich auf dem Tisch ab. Der Kartenwert illustriert den Aufwand, den der Teilnehmer als realistisch einschätzt. Die Karte bleibt verdeckt auf dem Tisch liegen.
Nun gibt der Scrum Master ein Zeichen und die Spieler drehen ihre Spielkarte gleichzeitig um. Nachträgliche Korrekturen sind nicht mehr möglich - gelegt ist gelegt! Jetzt muss jeder für seine Meinung eintreten.
Sind die Ergebnisse gleich, ist eine Kommentierung überflüssig. Bei starken Abweichungen begründen die Spieler mit dem höchsten und niedrigsten Schätzwert ihre Schätzung. Sie diskutieren darüber, warum die Umsetzung der Aufgabe so lange dauert bzw. so wenig Zeit in Anspruch nimmt. Die anderen Teilnehmer haben Redeverbot.
Die Schätzung wird solange geheim fortgeführt, bis ein Konsens erreicht wurde. Normalerweise ist nach drei Runden eine Einigung erreicht. Der Scrum Master achtet auf die Zeit.
Idealerweise nehmen nicht mehr als zehn Teilnehmer teil. Sonst wird die Runde zu groß und der Moderator verliert den Überblick.
Praktische Tipps zur Umsetzung
Die Qualität der Schätzungen kann der Scrum Master verbessern, wenn er das gesamte Scrum Team an den Pokertisch ruft. Doch nur die am Sprint beteiligten Akteure spielen mit. Product Owner, Stakeholder oder Führungskräfte aus der Standardorganisation bleiben draußen. Zu groß ist die Gefahr, dass irrelevante Faktoren wie diktierte Meilensteine oder politische Rahmenbedingungen das Ergebnis verfälschen.
Je komplexer das Backlog Item ist, desto schlechter lässt es sich inhaltlich fassen. Ist etwas unklar, fragen Sie den Product Owner. Der sollte ja in der Nähe und greifbar sein. Notfalls zerteilen Sie die User Story in kleinere, handhabbare Teile.
Keep it simple! Bei der Realisierung des Backlog-Items können alle denkbaren Risiken eintreten. Beispiel: Ein Know-how Träger fällt aus, so dass kurzfristig externe Unterstützung angefordert werden muss. Oder Arbeitsmittel stehen nicht rechtzeitig zur Verfügung etc. Übervorsichtige Zeitgenossen lassen alle Eventualitäten in ihre Schätzung einfließen. Sie blähen das Ergebnis unnötig auf, statt es einfach zu halten.
Der Scrum Master arbeitet mit dem Time-Boxing Verfahren. Deshalb kürzt er technische Tiefenbohrungen elegant ab. Die haben in diesem Meeting nichts zu suchen. Die Erfahrung zeigt, eine Diskussion auf ca. eine Minute zu beschränken.
Das Team darf sich nicht zu sehr unter zeitlichen Druck setzen. Sinnvoll ist es, ab und an die Karte "Ich brauche eine Pause" zu spielen.
"Einer der wohl wichtigsten Aspekte beim Planning Poker® ist die Diskussion über die Anforderungen"
Durch das Feilschen um Punkte wird ein einheitliches Verständnis und Wissen bei allen Teilnehmern hergestellt. Durch die Einigung wird eine geteilte Verantwortung erreicht. Ein Herausreden ist nicht mehr möglich.
Und nicht zuletzt – das agile Schätzverfahren mit den Spielkarten macht richtig Spaß. Lustloses und liebloses Schätzen gehört damit der Vergangenheit an. Probieren Sie Planning Poker® aus!
Die englische Bezeichnung PLANNING POKER® ist eine geschützte Warenbezeichnung des Unternehmens Mountain Goat Software, LLC.
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