Es ist eine großartige Idee, die Projektleiter Hanz Kluge der Geschäftsleitung während des Status-Meetings vorträgt. Folie auf Folie projiziert er auf die große Leinwand. Aufmerksam verfolgen die Teilnehmer seinen Vortrag.
Vertriebsleiter Pohlmächter scheint unzufrieden. Er wirft Fragen auf, die längst geklärt schienen. Die anderen Konferenz-Teilnehmer spüren, dass etwas nicht stimmt. Nochmals lässt sich Pohlmächter Details erklären. Ist er schlecht informiert? Steht er dem Vorschlag negativ gegenüber? Für den Projektleiter beginnt die Sache aus dem Ruder zu laufen. Kluge missachtete eine wichtige Regel für erfolgreiches Projektmanagement.
Im klassischen Projektmanagement zieht sich der Projektplan wie ein roter Faden durch das gesamte Vorhaben. Bereits zum Start sind Liefergegenstände, Meilensteine und Ressourcen fixiert.
Der Projektleiter verpflichtet sich auf diesen Plan. Unerwartetes im Projektablauf stört und fühlt sich lästig an. Bleibt der Projektleiter im Rahmen seiner Vorgaben, macht er einen guten Job. Doch er ist gut beraten, sein Augenmerk neben den Projektzielen auf die Stakeholder zu richten.
Will er sein Projekt zum Erfolg führen, muss er die vom Projekt Betroffenen und Beteiligten kennen und auf deren Bedürfnisse eingehen.
Das gilt für die formal benannten Personen als auch für die im Hintergrund agierenden Strippenzieher. Ist dem Projektleiter das politische Kräfteverhältnis in seinem Projekt bewusst, ist er im Vorteil.
Unterstützer und Mentoren geben sich leicht zu erkennen. Sie zeigen sich offen. Je einflussreicher sie sind, desto intensiver muss sich der Projektleiter um sie kümmern.
Doch der Projekterfolg ist anfällig bei Störfeuer. Kennen Sie Ihre Störenfriede? Sind Ihnen die Argumente der Blockierer bekannt, die Ihrem Projekt negativ gegenüberstehen?
Mit der Stakeholder Analyse strukturieren Sie Förderer und Verhinderer. Sie bewerten deren Verhalten und Einfluss auf ihr Projekt. Diese Struktur bildet die Basis, um Strategien zu entwickeln. Ihren Unterstützern schenken Sie vollste Aufmerksamkeit. Knüpfen Sie ein festes Band zu Ihnen. Gegenspieler entmachten sie.
So meistern Sie fast jede Projektentscheidung. Stakeholder mit wenig Einfluss und geringer Motivation, beobachten Sie nur. Hier investieren Sie den geringsten Aufwand.
Menschen haben unterschiedliche Charaktere und besitzen unterschiedliche Erwartungen. Aus ihren Lebensentwürfen ergeben sich unterschiedliche berufliche und private Ziele. Kurz, jeder ist ein besonderes Exemplar Mensch.
Arbeiten die Projektmitglieder gegeneinander, fahren sie zwangsläufig Termine, Kosten und Motivation an die Wand. Mit der Stakeholder-Analyse stellen Sie Machtpositionen dar. Die Methode ist simple, sie können Sie sofort anwenden.
Kommen Ihnen diese Sätze bekannt vor: „Das ist doch viel zu aufwendig, dafür haben wir keine Zeit.“ Oder dieser: „Das ist Politik, wir haben andere Probleme.“
Der Ablauf der Stakeholder-Analyse ist klar strukturiert und damit einfach. Jeder Projektleiter - unabhängig von der Größe seines Projektes - kann die Methode anwenden.
Nutzen Sie die Schwarmintelligenz Ihres Teams und bearbeiten Sie die vier Phasen der Stakeholder-Analyse gemeinsam:
Wer sind die Betroffenen und Beteiligten in Ihrem Projekt? In der ersten Phase identifizieren Projektleiter und Team die Stakeholder. Im Ergebnis liegt ihnen eine Liste mit Namen und Kontaktdaten vor.
Wie engagieren sich die Stakeholder für das Projekt? In der zweiten Phase bewerten Sie die Stakeholder nach Ihrem Einfluss und Bedürfnissen auf das Projekt.
Auf dieser Basis leiten Sie in der dritten Phase Maßnahmen und Aktionen ein. Dem einen reicht das unregelmäßige informelle Gespräch in der Kaffeeküche, der andere sieht ein regelmäßiges Treffen als wichtig an. Der nächste möchte nur in den Verteiler der Projektnachrichten aufgenommen werden.
Meinungen, Einstellungen und Prioritäten verändern sich, auch das politische Umfeld. Deshalb überprüft der Projektleiter den Erfolg der Aktionen in der vierten Phase. Zum Beispiel lässt er sich über den aktuellen Status von den Verantwortlichen in regelmäßigen Teammeetings berichten.
Einen kompakten Überblick über die Methode Stakeholder-Analyse finden Sie hier
Gleich nach der misslungenen Sitzung vereinbarte Hanz Kluge mit Vertriebsleiter Pohlmächter regelmäßige Treffen, um ihn in aktiv in die Entscheidungen seines Projektes einzubinden. Pohlmächter, als Vertreter des Kunden, ist ein einflussreicher Stakeholder und dem Projekt zugewandt.
Er verdient Kluges vollste Aufmerksamkeit, auch wenn es mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist. Kluge zieht aus seiner Strategie mehrere Vorteile: Er erhöht die Akzeptanz seines Projektes beim Vertriebsleiter. Dieser ist motiviert, das Projekt zum Erfolg zu führen.
Mit anderen weniger für das Projekt wichtigen Stakeholder geht Kluge nicht ganz so partnerschaftlich um. Er informiert sie in regelmäßigen Statusmeetings, beteiligt sie jedoch nicht aktiv im Projekt. In einem weiteren Schritt bittet Kluge sein Projektbüro, einen wöchentlichen Newsletter zu kreieren. Diesen verteilt er an alle Betroffene und Beteiligte. Und nicht zuletzt ist Kluge immer vorbereitet, über sein Projekt Auskunft zu geben. Dazu braucht er höchstens zwei Minuten. Ausreichend Zeit für ein kurzes Update im Aufzug oder in der Warteschlange in der Kantine.
Die Methode Stakeholder-Analyse zeigt Wertigkeiten auf, weil sie das Verhalten der Stakholder kategorisiert.
Der Projektleiter konzentriert seine Kommunikation auf die wichtigsten Stakeholder. Er fokussiert, um sich nicht zu verzetteln.
Denken Sie daran: Stakeholder Management ist zwar eine etablierte Methode im Projektmanagement, verstehen Sie sie aber nicht als reine Mechanik. Stakeholder Management heißt, mit Menschen zu kommunizieren.
Wertschätzen Sie die Betroffenen und Beteiligten. Dann geht Ihnen die Projektarbeit leichter von der Hand.
Ein passendes Lernvideo mit Prof. Dr. Martin G. Möhrle von der Universität Bremen beschäftigt sich mit einer der Kernaufgabe des Projektmanagements, dem Thema "Stakeholder-Analyse" (ca. 32 Minuten).
Episode 1: Stakeholder-Analyse
- Umfeldfaktoren von Projekten
- Begriff: Stakeholder
- Stakeholder-Analyse durchführen