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Design Thinking im Projekt - innovative Produkte entwickeln

Design Thinking im Projekt - innovative Produkte entwickeln
Design Thinking (© fotolia.com "creative" von vege)

Kindergarten für Erwachsene oder neugieriges Denken ohne Einschränkungen - Design Thinking ist beides. Der kreative Prozess aus dem Fachgebiet Industriedesign hilft Projektleitern, Produkte zu realisieren, neue Dienstleistungen zu entwickeln oder Unternehmen zu gründen. Er fokussiert auf das Kundenbedürfnis ohne jedoch Machbarkeit und Ressourcen aus dem Auge zu verlieren. Wie das geht, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Design Thinking - der Kunde ist König

Missglückte Produktentwicklung

Am 26.10.2012 veröffentlichte Microsoft das Betriebssystem Windows 8. Millionen Nutzer trieb die neue Oberfläche zur Verzweiflung. Das klassische Startmenü, die Windows-Kugel, fehlte. Auch für mich war es ein Desaster! Das Startmenü war wesentlicher Bestandteil beim intuitiven Verwalten meiner Dateien auf dem Desktop. Plötzlich fühlte sich alles fremd an. Ich suchte in Foren nach Lösungen, installierte den empfohlenen Bypass und war froh, alles beim Alten wieder vorzufinden.

Sicherlich kennen Sie auch Produkte oder Services, die mehr oder weniger das leisten, wofür sie gedacht waren. Wenn sie nicht so funktionieren, wie es sich der Benutzer wünscht, können sie für anhaltend schlechte Laune sorgen.

Mit Empathie Kundenwünsche erfüllen

Die zentrale Frage in der Produktentwicklung lautet: Wie kann mein Produkt Kunden begeistern?

David Kelley (1951*), einer der Begründer des Prozesses Design Thinking und Inhaber der Design- und Innovationsagentur IDEO, hat mit seinem Konzept eine Antwort gefunden. Kelley begann 1978 in Stanford an der Universität zu unterrichten. Dort wurde er später ordentlicher Professor.

An die Spitze der Design-Thinking-Bewegung in Deutschland hat sich Hasso Plattner, Gründer der Softwareschmiede SAP und Aufsichtsratschef, gesetzt.

Plattner sagt: „Die Methode fußt auf dem gesunden Menschenverstand". Anhänger des Design-Thinking-Konzeptes fahnden nach neuen Ideen aus der menschlichen Perspektive - weniger aus technologischen oder betriebswirtschaftlichen Sicht.

Dadurch stellen sie die Bedürfnisse des Kunden in den Mittelpunkt, ohne Technik und wirtschaftlichen Nutzen aus den Augen zu verlieren. Für den technisch orientierten Projektleiter hat der Designprozess Vorteile: Er motiviert die analytischen und kreativen Teile seiner Leistungsfähigkeit gleichzeitig. Nutznießer dieser Symbiose ist der Kunde.

Design Thinking im Kontext Projektmanagement

Der Blick des kreativen Industriedesigners eröffnet dem rechtwinklig denkenden Projektleiter ein neues Weltbild. Es hilft ihm, seine Kreativität anzuregen und empathische Lösungen zu entdecken. Design Thinking unterstützt den Projektleiter neue Produkte zu kreieren, Dienstleistungen zu entwickeln oder Geschäftsideen zu evaluieren.

Diese einzigartigen Vorgänge mit klarem Ziel sind wie geschaffen, um von einem Projektleiter realisiert zu werden. Natürlich können Projektleiter auf umfangreiche Werkzeuge und Methoden zurückgreifen. Doch der kreative Prozess Design Thinking erschließt ihm neue Perspektiven, um mit seinem Team innovative Ideen zu entwickeln und umzusetzen.

Design Thinking - Schritt für Schritt

Die ersten drei Schritte besitzen keineswegs das Ziel, Lösungen zu generieren. Zunächst konzentriert sich der Projektleiter und sein Team darauf, die richtigen Fragen zu stellen. In Phase vier bis sechs, fangen sie an, Lösungen zu suchen, Prototypen zu bauen und Kundenfeedback einzuholen.

Das Wichtigste zwischen den einzelnen Phasen sind die iterativen Schleifen. Hier entsteht der eigentliche Mehrwert. Denn neue Erkenntnisse treiben die Produktentwicklung nach vorn. Wie die sechs Kernelemente des Prozesses zusammenspielen, zeigt diese Grafik:

Quelle: https://hpi.de

 

Schritt 1: Verstehen

Design Thinking lebt davon, Bedürfnisse des Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Um ein neues Produkt zu kreieren, einen neuen Service anzubieten oder eine neue Geschäftsidee zu entwickeln, genügt es eben nicht vom Schreibtisch aus Zahlen, Daten und Fakten zu recherchieren.

Deutlich erfolgversprechender ist es, vollständig in die Welt des Kunden abzutauchen. Verdeutlichen Sie sich immer wieder:

  • Weiß ich wirklich, was mein Kunde will oder glaube ich nur, es zu wissen?
  • Wie werden zukünftige Kunden mein geplantes Produkt nutzen?
  • Welche Zielgruppe muss ich mir ansehen und ist mir klar, was genau meine Zielgruppe nachfragt?

Die wichtigste Eigenschaft des Verstehens ist die Empathie, das heißt, zu fühlen, was der zukünftige Nutzer, Anwender oder Kunde fühlt.

Schritt 2: Beobachten

Nun geht es darum, seine Zielgruppe zu beobachten, um wirklich zu verstehen, welche Bedürfnisse vorliegen. Es kommt darauf an, die richtigen Fragen zu stellen. Ist es das, was mein Kunde braucht? Was wünscht er sich konkret? Der Beobachter führt Interviews mit Vertretern seiner künftigen Zielgruppe vor Ort. Mit offenen „W-Fragen“ schürft er nach Wünschen und legt damit verborgene Bedürfnisse frei.

Schritt 3: Sichtweise definieren

Aus den Antworten und Beobachtungen leitet der Projektleiter und sein Team umfassende Meinungen und Einsichten (Insights) ab. Dann erschafft er einen Beispielkunden (Kundenavatar) und infiziert ihn mit den neu gewonnenen Insights.

Der Beispielkunde repräsentiert mit seinem Alter, Erscheinung, Bedürfnisse und Wünsche die Zielgruppe, die das neue Produkt nutzen wird. So könnte ein Kunde konstruiert und mit seinen Eigenschaften beschrieben werden:

- Paul Kümmerer, 43, technischer Projektmanager, karriereorientiert
- arbeitet in einem internationalen Technologiekonzern
- kaufmännische Ausbildung, berufsbegleitendes Abitur, Fachhochschulabschluss
- private Weiterbildung, BWL, durch Selbststudium an der Fernuniversität
- kostenbewusst und qualitätsorientiert gegenüber Weiterbildungsangeboten
- möchte während der Ausbildung zeitlich und örtlich flexibel bleiben
- sicher im Umgang mit Internet und Medien, technologiebegeistert

Schritt 4: Ideen finden

Während das Verstehen, Beobachten und Recherchieren im Vordergrund der ersten drei Phasen steht, ist das Finden von Lösungen unerwünscht. Erst in der vierten Phase kommt es darauf an, möglichst viele Lösungsideen zu generieren. Hier gilt: Quantität geht vor Qualität!

Denn viele Ideen liefern eine große Auswahl, aus der Sie potenzielle Lösungen selektierten können. Für die Ideenfindung bieten sich Kreativitätstechniken an wie zum Beispiel Brainstorming, Negativkonferenzen oder Force-Fit-Spiel.

Schritt 5: Prototypen entwickeln

Nun gilt es, den erfolgversprechenden Ideen Leben einzuhauchen, sie erlebbar zu machen, Ihnen eine Form zu geben. Riechen, schmecken und anfassen ist überzeugender als tausend Worte.

Bauen Sie einen simplen Prototyp aus einfachen Materialien. Verwenden Sie Blech, Holz, Gips oder Legosteine etc., um der zukünftigen Zielgruppe ein Gefühl zu vermitteln, wie das Produkt, die Dienstleistung oder die Geschäftsidee später aussehen wird.

Der Dummy dient als Transportmittel, um die Idee zum Kunden zu tragen. Fragen Sie ihn: „Wie fühlt sich das für Dich an? Ist es das, was Du wolltest?“

Schritt 6: Testen

Testen Sie Ihr Produkt ausgiebig, erproben Sie Ihre geplante Dienstleistung, überprüfen Sie Ihre Geschäftsidee. Verlassen Sie Ihren Schreibtisch, gehen Sie raus hin zum Kunden. Laden Sie Menschen Ihrer Zielgruppe ein, mit Ihnen zu testen.

Hinterfragen Sie: „Sind wir auf dem richtigen Weg? Fühlen Sie sich verstanden?“

Sollten Ihre Produkte keine Zustimmung finden, bitten Sie um Verbesserungsvorschläge: „Was muss ich tun, dass das Produkt zu verbessern?“

Natürlich wird es immer Kunden geben, die meckern, mäkeln und maulen, die unzufrieden sind. Doch wenn die Mehrheit Ihrer Zielgruppe, mit Ihrer Idee nichts anfangen kann, streichen Sie sie. Dass sie in diesem Fall wieder von vorn anfangen, ist nicht schlimm. Design Thinking ist ein iterativer Prozess.

Lernen Sie aus den gemachten Erfahrungen!

Über den Autor

Werner Plewa
Projektmanager

Experte für berufliche Weiterbildung und Personalentwicklung. Kontaktanfrage gerne auch bei LinkedIn:


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