Die Resilienz am Arbeitsplatz stärken: Chancen und Grenzen

Immer mehr Unternehmen verordnen sich ein betriebliches Gesundheitsmanagement. Unter anderem wollen sie ihre Mitarbeiter darin unterstützen, stressresistenter bzw. resilienter zu werden. Schnell stellen sie jedoch fest, dass ihre Einflussmöglichkeiten begrenzt sind. Dafür gibt es einen guten Grund: Der Stress, den jeder Mitarbeiter mit sich trägt, hat viele Quellen.
Stress am Arbeitsplatz
Zu den Stressauslösern am Arbeitsplatz gehören:
Arbeitsverdichtung
Die Arbeitsmenge pro Mitarbeiter steigt seit Jahren immer weiter an.
Ständige Veränderungen
Arbeitsanforderungen an die Mitarbeiter ändern sich laufend und zugleich schneller als je zuvor.
Weniger stabile Arbeitsverhältnisse
Leiharbeit und Zeitarbeitsverträge haben ihren Teil dazu beigetragen: Das Band zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist dünner geworden. Auf beiden Seiten steigt deshalb die Unsicherheit, der Druck wächst.
Privater Stress
Zu den beruflichen Stressfaktoren kommen die privaten hinzu:
Beruf und Familie
Von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie können die meisten Arbeitnehmer nur träumen. Dieser Mangel stellt einen erheblichen Stressauslöser dar.
Ehe und Partnerschaft
Die Belastungen des Arbeitslebens reichen ins Private herüber: Ein überarbeiteter Lebenspartner ist nur selten ein guter Zuhörer oder aufmerksamer Weggefährte. Das Umgekehrte gilt ebenso: Private Probleme Kosten Kraft, die im Beruf fehlt.
Fürsorge für die Eltern
Die Flexibilität der Mitarbeiter und die Bereitschaft für den Beruf in eine fremde Stadt zu ziehen, birgt ein Problem: Wenn Eltern pflegebedürftig werden, ist die Fürsorge kaum zu leisten. Die erwachsenen Kinder plagt ein ewig schlechtes Gewissen und außerdem pendeln sie ständig zwischen Wohn- und Heimatort.
Hohe Freizeiterwartungen
Der entspannte Müßiggang ist auch in der Freizeit verpönt. Statt die wenigen freien Tage einfach fließen zu lassen, wenden wir uns Sport und ausgefallenen Hobbys zu.
Persönliche Disposition
Wie gut Menschen mit einer Situation zurechtkommen, hängt außerdem von der Persönlichkeitsstruktur ab: Ein systematischer, gut organisierter Entscheider ist zum Beispiel in der Lage, hohe Erwartungen an ihn auszuhalten. Wenn er jedoch eine Vielzahl schneller Entscheidungen treffen muss, gerät er unter Druck.
Stress ist ein Gesamteindruck
Der gefühlte Stresslevel eines jeden Mitarbeiters entsteht nicht am Arbeitsplatz alleine. Private Faktoren wie auch der persönliche Umgang mit Stress kommen hinzu.
Deshalb genügt es nicht, einzelne Maßnahmen zu vereinbaren, wie etwa „stille Stunden“, in denen Mitarbeiter ungestört arbeiten können. Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter stärken und unterstützen wollen, kommen um ein ganzheitliches Konzept nicht herum.
Grenzen der Resilienz
Jeder ist in der Lage, sein persönliches Maß an Resilienz zu steigern. Vorsicht jedoch vor überschießenden Erwartungen: Verhaltensänderungen fordern Konsequenz und Zeit. Und an manche Faktoren kommt man kaum heran, wie etwa die Art und Weise, wie Menschen Emotionen verarbeiten. Die optimal resiliente Belegschaft bleibt deshalb ein Wunschbild.
Kritiker warnen vor einer weiteren Gefahr: Der Leistungswille ist in unserer Gesellschaft quasi zum Mantra geworden. Sei optimistisch! Sei positiv! Sei stark!
Doch nur weil wir es uns so dringend wünschen, lässt sich die Belastungsfähigkeit von Menschen nicht unendlich steigern. Schlafstörungen, Engegefühl in der Brust, Spannungskopfschmerzen oder Herzrasen sind deutliche Anzeichen eines zu hohen Tempos.
Über den Autor
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