Drei unerwartete Einsichten über die Generation Y
Die „Generation why“ und die Arbeitswelt. Der Blick auf das Fremde verwirrt die Sinne. Das Gemeinsame drängt sich in den Vordergrund und es dauert eine Weile, bis sich der Blick für das Individuelle wieder schärft.
Wenn Engländer, Franzosen oder Spanier auf Deutsche Touristen treffen, fallen ihnen vor allem knielange Shorts in beige auf, dazu Socken und Sandalen, Sonnenbrand und bunte T-Shirts.
Deutsche hingegen staunen über japanische Reisegruppen: über die Unzahl an Fotos, lustigen Hütchen, über das höfliche Lächeln und viel Kichern.
Wenn Angehörige der Generation X auf die Generation Y schauen, sehen sie gebeugte Köpfe über Smartphones.
Sind denn die Menschen zwischen 20 und 35 alle gleich?
Die Generation Y – das Klischee
Klischee-Fahrpläne für die Generation Y gibt es viele: „Die jungen Leute“ ziehen sich für den Beruf zu lässig an. Sie sind ständig online, arbeiten gerne im Team und lieben Cat-Content (Xing Spielraum https://spielraum.xing.com/2014/06/wir-sind-die-generation-y.)
Der geregelte Arbeitstag früherer Generationen liegt ihnen fern. Arbeiten von neun bis fünf? - Nicht mit ihnen! Sie arbeiten wo sie wollen und wann sie wollen. Doch inzwischen mehren sich zum Glück die Stimmen, die vor allzu platter Gleichmacherei warnen:
1. Die Jungen sind anders, weil junge immer anders sind
Ist die Generation Y wirklich anders als die vorhergehende Generation?
US-Forscher haben sich der Frage wissenschaftlich angenommen, darunter Peter Cappelli, Professor of Management at The Wharton School.
Ein großer Teil der empfundenen Verschiedenartigkeit geht auf eine Wahrnehmungsverzerrung zurück. Wenn 45-Jährige auf 25-Jährige blicken, nehmen sie Unterschiede war.
Doch war schon immer so und ist im Grunde eine Binsenweisheit: Für 25-Jährige haben Spaß und Unterhaltung immer eine größere Bedeutung als für Ältere. Mit den Jahren verändern sich die Lebenssituation, Schwerpunkte und Interessen. Das ist nicht neu.
Auch die Vorstellung, dass „man selbst“ mit 25 ganz anders gewesen ist, erweist sich als Täuschung – zumindest wenn man sich der Frage statistisch nähert. Die zugehörige Studie hat keine greifbaren Unterschiede enthüllt.
2. Der Unsinn mit dem Sinn
Die Generation Y sucht nach einer sinnvollen Arbeit, heißt es vielerorts. „Es hat sich kaum etwas verändert“, sagt hingegen Svenja Hofert. Sie ist Karrierecoach, Bloggerin und Autorin. In ihrem Coaching trifft sie auf Menschen aller Altersgruppen. Ihre Erfahrung ist:
Wie eh und je gehen junge Banker im Anzug ins Büro, während Agentur-Mitarbeiter eine schicke Statement-Brille tragen oder ein anderes Zeichen setzen. Lässige oder unkonventionelle Kleidung ist in manchen Branchen erlaubt - wenn nicht erwünscht - in anderen Branchen unmöglich. Daran hat sich nichts geändert.
Die jungen Mitarbeiter suchen nach einer sinnvollen Arbeit. „Ja, was denn sonst“, möchte man ausrufen. Niemand möchte etwas Sinnloses tun.
Was als sinnvoll erkannt wird, ist dabei eine höchst individuelle Angelegenheit: Manche wollen möglichst viel Freizeit, andere möglichst viel verdienen und wieder andere wollen eine Familie gründen. In ganz seltenen Fällen gelingt es, dass die Arbeitsinhalte als solche Sinn stiften.
Auch hier gilt: Die Welt bleibt so heterogen, wie sie schon immer war.
Eine gute Bezahlung ist und bleibt wichtig. Wie eh und je verlangen Männer mehr Geld als Frauen. Und der schicke Firmenwagen als Statussymbol ist noch nicht überholt.
Ein weiterer Mythos ist, dass die Generation Y grundsätzlich an der langen Leine geführt werden will. So kann man das nicht sagen, meint Svenja Hofert: Je nach Person, Kenntnisstand und Aufgabe bleibt eine enge, zuweilen direktive Führung angemessen. Was aus ihrer Sicht sinkt, ist die Kritikbereitschaft.
3. Keine Karriere – von wegen
Eine Studie des Kienbaum Institut@ISM wischt ein weiteres Vorurteil zur Seite: Die Angehörigen der Generation Y hätten demnach keine Ambitionen auf eine Karriere und würden sich Führungsaufgaben verschließen.
In einer Studie wurden 600 Hochschulabsolventen nach ihren Werten, Zielen und Erwartungen befragt. 58 Prozent ließen sich der Gruppe der Karriereorientierten oder Ambitionierten zuordnen.
Aus diesen beiden Gruppen rekrutieren sich aller Voraussicht nach die künftigen Führungskräfte, heißt es in der Studie. Sie sprechen weiter auf klassische Karriereangebote an. Arbeitgeber sollten deshalb vorsichtig sein, im Bewerbermarketing einseitig den Spaßfaktor herauszuheben. Angehörige der Generation Y lassen sich nicht so einfach über einen Kamm scheren.
Und jetzt?
Zwei Umweltbedingungen lassen sich nur schwer abstreiten: Die Generation Y ist mit dem Internet groß geworden und nutzt selbstverständlich die modernen Technologien.
Zugleich ist ihre Anzahl gering, so dass sich der Arbeitsmarkt für sie günstig darstellt. Macht hat immer der, der über die knappe Ressource verfügt. Möglicherweise liegt hierin der größte Unterschied zur Generation X.
Über den Autor
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