Projektcontrolling: So funktioniert wirksames Controlling von Projekten

Ein Gastbeitrag von Klaus Schopka
Die erfolgreiche Abwicklung von Projekten wird zunehmend wichtiger. Um den Erfolg der Projekte sicherzustellen, muss das Controlling, neben dem Controlling im Projekt, einen Schwerpunkt auf das Controlling des erwarteten Nutzens aus dem Projekt legen.
Ein wirksames Hilfsmittel ist dabei ein professioneller Business-Case.
Die Ausgangslage
Projekte sind aus Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Aktuelle Megatrends der Wirtschaft, wie die Digitalisierung oder Künstliche Intelligenz (KI) sorgen für zusätzlichen Schub. Ein Wirtschaftsfeld also, das ein wirksames Controlling erfordert.
Umso mehr als Studien zum Projektmanagement regelmäßig aufzeigen, dass Projekte ihre Ziele und in sie gesetzte Erwartungen nicht erfüllen, oft sogar scheitern.
Nach DIN 69901 ist Projektcontrolling eine zentrale Aufgabe des Projektmanagements und steht für die Sicherung des Erreichens der Projektziele durch: Soll-Ist-Vergleich, Feststellung der Abweichungen, Bewerten der Konsequenzen und Vorschlagen von Korrekturmaßnahmen, Mitwirkung bei der Maßnahmenplanung und Kontrolle der Durchführung. Im Kern geht es darum, Projektziele zu erreichen.
Für ein wirksames Projektcontrolling muss der Controlling-Ansatz breiter gedacht werden:
- Warum gibt es Projekte? → Um Nutzen aus Ergebnissen zu ziehen
- Problem: Der Nutzen wird oft erst nach Projektende sichtbar.
- Konsequenz: Das Nutzen-Controlling muss über die Projektlaufzeit hinaus organisiert werden.
Zentrale Fragestellungen sind dabei:
1.Wie wird der Nutzen ermittelt?
- Formal über Projektauftrag (Ziele, Rahmenbedingungen).
- In der Praxis: Erwartungen von Auftraggeber, Nutzer, Sponsor & Stakeholdern weichen oft voneinander ab.
- Hilfsmittel zur Abstimmung: Stakeholder-Analyse.
- Informelle Kontakte vor Projektstart liefern wichtige Informationen, die oft nicht im Projekt ankommen.
2. Wie plant man vom Ergebnis her?
- Ausgangspunkt: Erwartungen an den Nutzen.
- Problem: Erwartungen sind oft nur rudimentär dokumentiert und verändern sich dynamisch.
Ein wirksames Controlling von Projekten umfasst die Dimensionen:
- Erwartungen an den Nutzen kennen und dokumentieren.
- Klassisches Projektcontrolling (Steuerung nach Qualität, Kosten, Zeit).
- Laufendes Controlling des aktuell erreichbaren Nutzens im Projekt.
- Nachhaltiges Controlling des realisierten Nutzens aus den Projektergebnissen in der Nutzungsphase.
Der Business Case als roter Faden
Zweck: Bündelt alle Informationen für Genehmigung & Steuerung.
Inhalte:
- Erwarteter Nutzen für Kunden/Stakeholder
- Ziele, Rahmenbedingungen, Ressourcen
- Machbarkeit & Erfolgsfaktoren
- Meilensteine, Risiken, Chancen
- Aktueller Status und Entwicklungen
Funktion:
- Genehmigungsbasis („finaler Prüfstein“)
- Wird laufend überprüft und aktualisiert:
- Stimmen Erwartungen, Annahmen, Rahmenbedingungen noch?
- Gefährden Ereignisse den Nutzen?
- Gibt es neue Chancen?
Praktische Konsequenz:
- Steuerung in Richtung des aktuell erreichbaren Nutzens.
- Transparenz bei nicht mehr realisierbarem Nutzen. Konsequenz: ggf. Projektabbruch.
Rolle des Controllings
- Achtet auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit aller relevanten Informationen.
- Umfang & Detailtiefe hängen von Projektgröße und -art ab.
- Im Zusammenspiel mit Projektleitung, Auftraggebern und Stakeholdern wird der Business Case gepflegt und überprüft.
Kurz gesagt:
- Klassisches Projektcontrolling (DIN 69901) reicht nicht aus.
- Ein ganzheitliches Controlling berücksichtigt die Erwartungen, den laufenden Projektfortschritt und den realisierten Nutzen.
- Der Business Case ist dabei das zentrale Werkzeug: von der Genehmigung über die Steuerung bis zur Nutzenprüfung.
Die folgende Abbildung bietet eine kurze grafische Übersicht:

Vorgehensmodell
Ein wirksames Controlling von Projekten umfasst alle Abschnitte des Projektlebenszyklus.
Vor-Projektphase – Erwartungen und Nutzenbasis
Ziel: Erwartungen an den Nutzen erkennen, abstimmen und dokumentieren.
Besonderheiten:
- Erwartungen sind oft implizit, nicht in Ausschreibungen oder Projektaufträgen enthalten.
- Sie bilden jedoch die Grundlage für Effektivität.
- Rahmenbedingungen und Annahmen müssen berücksichtigt werden.
- Erste Schritte zur Operationalisierung des Nutzens: Wie kann der erwartete Nutzen in konkrete Maßnahmen und Vorgaben umgesetzt werden?
Kernaufgabe im Controlling: Schaffung von Transparenz über Erwartungen und Annahmen, sodass ein tragfähiger Projektauftrag entsteht der zur Erreichung des Nutzens führt.
Projektphase – Effizienz und Steuerung
Ziel: Erwarteten Nutzen in operative Projektziele überführen und Projektergebnis effizient realisieren.
Besonderheiten:
- Fokus auf das magische Dreieck: Qualität – Kosten – Zeit.
- Business Case als Orientierung: Welche Faktoren sind kritisch für den Projektnutzen (z. B. Termin)?
- Projektcontrolling schafft Transparenz und ermöglicht aktive Steuerung.
- Verantwortung meist beim Projektleiter, in größeren Projekten zusätzlich durch ein Projektcontrolling oder PMO unterstützt.
Kernaufgabe im Controlling: Sicherstellen, dass Projektziele effizient erreicht werden.
Nach-Projektphase – Nutzenrealisierung
Ziel: Überprüfung, ob der erwartete Nutzen tatsächlich eintritt.
Besonderheiten:
- Nutzencontrolling liegt außerhalb des klassischen Projektcontrollings.
- Wichtig: Bereits zum Projektstart Verantwortlichkeiten für diese Phase klären.
- Übergabe an Unternehmenscontrolling, Bereichsleitung oder andere definierte Stelle.
Kernaufgabe im Controlling: Messung und Sicherstellung des erzielten Nutzens aus dem Projektergebnis.
Zusammengefasst:
Vor-Projektphase = Effektivität absichern (richtige Dinge tun, Nutzen klarmachen).
Projektphase = Effizienz sicherstellen (Dinge richtig tun, Steuerung entlang von Qualität, Kosten, Zeit).
Nach-Projektphase = Nachhaltigkeit prüfen (tatsächlichen Nutzen messen und bewerten).
Operationalisierung von Nutzen in Projekten
Entscheidend für den Erfolg des Vorhabens ist der Schritt vom erwarteten Nutzen hin zu operativen Aktivitäten und Maßnahmen, um den Nutzen umzusetzen. Diese Operationalisierung kann nur so gut sein, wie die Aufnahme und Dokumentation des erwarteten Nutzens selbst.
Stufe 1: Initiieren - Vom Grund eines Vorhabens zu den Erfolgsfaktoren
Notwendige Fragen und Arbeitsschritte in dieser Phase:
1. Ausgangspunkt ist die Frage nach dem Grund, warum das Vorhaben gemacht wird.
2. Der Grund oder die Gründe werden Nutzenkategorien zugeordnet, um Transparenz in die Beziehungen von Problemfeldern, Ursachen und Lösungsfeldern zu schaffen. Die Nutzenkategorie des Hauptnutzens des Vorhabens hat Priorität.
3. Für wen gilt der Nutzen? In welcher Form und in welchem Ausmaß?
4. Welche Zielvorgaben gibt es für den Nutzen?
5. Worauf wirkt der Nutzen? Damit wird die Bedeutung der Nutzenkomponente transparent.
6. Welche Erfolgsfaktoren gelten, um den Nutzen zu erzielen?
7. Wie kann der Erfolg gemessen werden?
8. Welche Anforderungen an die Umsetzung bestehen allgemein? Welche Maßnahmen und Aktivitäten sind grundsätzlich notwendig?
So entsteht eine erste Übersicht darüber, wie ausgehend vom Grund des Vorhabens, erste Strukturen zur Umsetzung aussehen können. Die Gründe zum Vorhabens sind einfach aus der Situation abzuleiten und Themenbereichen zuordenbar. Bereits hier können erste Prioritäten gesetzt werden. Eine Bewertung der einzelnen Themen führt zur Priorisierung im Gesamtvorhaben.
Stufe 2: Operationalisieren - Von den Erfolgsfaktoren zu den konkreten Anforderungen, Maßnahmen und Aktivitäten in den Projektkomponenten
In dieser Stufe beginnt die Detailarbeit an der Umsetzung der Erfolgsfaktoren im Projekt. Erfolgsfaktoren sind ursächlich verantwortlich für das erfolgreiche Eintreten des Nutzens. Die grundlegende Fragestellung ist also für jeden Erfolgsfaktor, welche Anforderungen, Maßnahmen und Aktivitäten erforderlich sind, um diese Faktoren in den Griff zu bekommen und in die gewünschte Richtung zu steuern.
Arbeitsschritte:
1. Definition der Erfolgsfaktoren mit Beschreibung der Anforderungen und Aktivtäten, die notwendig sind, um die Erfolgsfaktoren in die gewünschte Richtung zu steuern.
2. Zuordnung der Verantwortlichkeiten, z. B. nach dem RACI-Schema.
3. Festlegen, was erfüllt sein muss, damit die definierten Anforderungen an die Aktivität abgeschlossen sind.
4. Festlegen, welche Projektaufgaben hierfür eingeplant werden.
5. Festlegen der Zieltermine.
Die Ergebnisse aus dieser Stufe sind direkte Inputs in die Umsetzung durch Projektaufgaben, deren Umfang u. a. durch diese Vorgaben bestimmt wird.
Stufe 3: Umsetzen - Bearbeiten in Projektkomponenten, Status, Rückmeldungen und Ergebnisse
Jetzt geht es in das konkrete Abarbeiten im realen Unternehmensgeschehen und -umfeld. Die Aktivitäten und Aufgaben aus Stufe 2 sind für eine oder mehrere Umsetzungskomponenten ausgewählt und vorgegeben, um sie dort zu bearbeiten und umzusetzen.
Arbeitsschritte:
1. Übernahme als Aufgabe, Aktivität oder Anforderung im Projekt.
2. bei Bedarf ein Machbarkeitscheck und die Klärung offener Fragen,
3. die Einplanung und Rückmeldung geplanter Termine und Ressourcen,
4. die Umsetzung und ein laufendes Controlling im Projekt (Rückmeldung und Eskalation von Problemen, Abweichungen und neuen Erkenntnissen),
5. der Abschluss der Aufgaben mit Rückmeldung an die Projekt-Steuerung und/oder das Projekt-Management-Office,
6. die Abnahme mit Überprüfen des Nutzenbeitrags durch das Projekt-Management-Office und das Controlling,
7. die Freigabe der erstellten Ergebnisse aus der Projektaufgabe und die Übergabe an die betroffenen Einheiten, die Aktualisierung der Projektdokumentation (z.B. Business-Case und Statusberichte).
Diese drei Stufen beschreiben den Arbeitsablauf im vorliegenden Projekt. Der Schwerpunkt liegt bewusst darauf, den erwarteten Nutzen aus den Projektergebnissen zu erzielen. Die Darstellung ist exemplarisch und sollte den notwendigen Einblick in die Arbeitsweise geben.
Fazit
Projektcontrolling wurde im Beitrag in einer modifizierten Form vorgestellt. Damit wird der Bedeutung des erwarteten Nutzens aus dem Projekt und den Ursachen für das Scheitern von Projekten Rechnung getragen. Das aufgezeigte Vorgehen schlägt eine Brücke von den Erwartungen zum realisierten Nutzen.
Festzuhalten ist:
- Der Nutzen aus dem Projektergebnis ist der Grund, Projekte durchzuführen.
- Dabei entsteht Neues oder Bestehendes wird geändert.
- Der erwartete Nutzen bildet sich i.d.R. in der Vor-Projektphase heraus.
- Der tatsächlich realisierte Nutzen stellt sich nach Abschluss des Projektes fest. Dies kann i.d.R. nicht aus dem Projekt heraus geleistet werden. Die Verantwortung liegt im Controlling oder im betroffenen Unternehmensbereich.
- Controlling von Projekten muss diesen Nutzen in das Zentrum der Betrachtung von Projekten stellen.
- Projektcontrolling muss im Projekt erfolgen, um dort eine effiziente Abwicklung sicherzustellen. Hier ist oft der Projektleiter in der Verantwortung.
- Zentrales Werkzeug zur Steuerung eines Projektes in den erwarteten Nutzen kann ein Business Case sein, der über den Projektlebenszyklus hinweg fortgeschrieben wird.
- Wirkungsvolles Controlling von Projekten bedeutet, Projekte hin auf den erwarteten Nutzen zu steuern. Hierzu dienen die Erfolgsfaktoren des Nutzens.
- Wird dies vernachlässigt, werden Projekte zwar formal nach Dokumentenlage erfolgreich abgeschlossen. Wirklich erfolgreich sind sie deswegen nicht!
Eine modifizierte Definition des Projektcontrollings kann wie folgt lauten: „Sicherung des Erreichens des Nutzens aus dem Projekt.“
Autor
Klaus Schopka ist selbstständiger Dozent, Trainer, Berater und Autor mit Sitz in Unterföhring. Er hat langjährige Erfahrung als leitender Angestellter, Berater und Projektleiter im Controlling, Projektmanagement, Programmmanagement, Prozessmanagement und Servicemanagement in Deutschland und Europa.

Weitere Artikel
Ihr Weg zur PMP Zertifizierung – dem Prüfsiegel für erfahrene Projektmangement-Experten
Was Sie schon immer über die PMP® Zertifizierung wissen wollten!
In diesem Beitrag erhalten Sie die wichtigsten Informationen und Tipps zur Vorbereitung und Voraussetzungen für den Erwerb des PMP® Zertifikats.
Mit unserem kostenfreien Ratgeber zeigen wir Ihnen den erfolgreichen Weg zum Project Management Professional - PMP®.
7 wichtige Projektmanagement-Methoden
Installateure und Handwerker nutzen ihren Werkzeugkasten, um Hammer, Steckschlüssel und Wasserpumpenzange vor Ort zur Hand zu haben und um diese einfach zu transportieren.
Der professionelle Projektleiter, Experte auf seinem Gebiet, verwendet Projektmanagement-Methoden, Checklisten und Tools.
Wie sieht sie aus, die perfekte Werkzeugkiste für den Projektmanager?
10 Praxistipps für den erfolgreichen Projektstart
Der Auftrag, ein Projekt zu übernehmen, kann den zukünftigen Projektleiter im Aufzug überraschen oder per E-Mail überrumpeln. Er kann langersehnt eintreffen oder formal in einem Meeting mit wichtigen Stakeholdern erteilt werden.
Wie auch immer Sie Ihren Projektauftrag erhalten: Sorgen Sie für einen erfolgreichen Projektstart. Diese 10 Praxistipps helfen Ihnen dabei, die richtigen Weichen zu stellen.
Haben Sie Fragen?